Gemeinsam gegen den Katzendreckgestank

Umweltminister Thomas Schmidt hat heute (18. Februar 2015) mit Vertretern von Bürgerinitiativen aus Seiffen und Umgebung über die Luftbelastungen im Erzgebirge beraten, insbesondere über den sogenannten Katzendreckgestank. An dem Treffen in Dresden nahmen neben den Bürgerinitiativen auch der Landrat des Erzgebirgskreises, die Bürgermeister der Gemeinden Neuhausen, Olbernhau und Seiffen sowie mehrere Landtags- und Bundestagsabgeordnete, darunter auch MdL Ronny Wähner, teil.

In den vergangenen 15 Jahren haben die Umweltbehörden des Freistaates Sachsen eine Vielzahl von Analysen, Messungen und Untersuchungen durchgeführt, um die Quellen der Geruchsbelästigung zu identifizieren. Darunter waren ein gemeinsames deutsch-tschechisches Probandenprogramm auf beiden Seiten der Grenze zur zeitlichen und räumlichen Erfassung der Geruchsbelastung (2001/2002), die Untersuchung des Weges der Luftmassen, die zur Geruchsbelastung führen (2001/2002 durch die Freie Universität Berlin, 2010/2011 durch das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung Leipzig) sowie die Analyse von 165 Luftproben vom Schwartenberg und aus Klingenthal in den Jahren 2010/2011. Im Ergebnis steht fest, dass die Geruchsbelastungen in der nordböhmischen Industrieregion ihren Ursprung haben. Eine einzelne Quelle für die Belastungen kann jedoch bisher nicht identifiziert werden. Auch liegen keine Informationen darüber vor, dass einzelne Industrieanlagen die EU-weit geltenden Grenzwerte für Luftschadstoffemissionen nicht einhalten würden. Weder Stickstoffdioxid noch Benzol oder Schwefeldioxid sind für die Geruchsbelastung im Erzgebirge verantwortlich. Die gemessenen Maximalkonzentrationen liegen weit unter den Geruchsschwellen der Stoffe. Das heißt: diese Stoffe sind zwar in der Luft vorhanden, aber definitiv nicht die Ursache für die Geruchsbelastungen. Ursächlich sind vielmehr organisch-chemische Verbindungen in Spurenkonzentrationen – die messtechnisch schwierig zu erfassen sind und für die es keine geregelten Grenzwerte gibt.

Ergänzend zur Ursachensuche der Umweltbehörden führte das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz eine Reihe von Untersuchungen durch. Darunter in den Jahren 1998 bis 2002 eine arztpraxisgestützte Gesundheitsbeobachtung, insbesondere von geruchsassoziierten Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie 2001 eine kostenlose Analyse von Obst- und Gemüseproben hinsichtlich einer Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und Schwermetallen. Im Jahr 2006 erfolgte eine Auswertung bei über 430 Kindern in Kindergärten der Region in Bezug auf Atemwegserkrankungen und Magen-Darm-Erkrankungen bei auftretender grenzüberschreitender Luft- und Geruchsbelastung. Im Jahr 2014 wurde beim Gemeinsamen Krebsregister (GKR) in Berlin eine detaillierte Anfrage zu Krebserkrankungen auf Gemeindeebene gestellt. Keine der Untersuchungen konnte einen direkten Zusammenhang zwischen den gemeldeten Luftbelastungen und dem Krankheitsgeschehen nachweisen.

Um großräumige Geruchsbelastungen unverzüglich an die zuständigen tschechischen Behörden melden zu können, besteht neben den herkömmlichen Übertragungswegen (Telefonat, Fax) auch die Möglichkeit, Beschwerden über Geruchsbelastungen rund um die Uhr online zu übermitteln. Diese komfortable Möglichkeit wird von den Beschwerdeführern zunehmend genutzt.

In den letzten Jahren wurde versucht, über 50 relevante Geruchsstoffe zu bestimmen, um die Quelle der Geruchsbelastung zu lokalisieren. Nachdem diese Untersuchungen nicht zum erhofften Ziel führten, liegt nun der Schwerpunkt auf einer noch zu entwickelnden Analysenmethode für die Bestimmung von Mercaptanen. Dazu wurde eine Projektstelle eingerichtet, die der Freistaat Sachsen und der Bund gemeinsam finanzieren. Mercaptane können aus dem petrochemischen Komplex im benachbarten böhmischen Becken bei verschiedenen Vorgängen emittiert und wegen der geringen Geruchsschwellenwerte noch in der sächsischen Erzgebirgsregion wahrgenommen werden.

Eine Lösung des Geruchsproblems wird ohne Unterstützung des Bundes und der Tschechischen Republik nicht möglich sein. Kommende Woche wird Umweltminister Thomas Schmidt das Problem bei seinem tschechischen Amtskollegen Richard Brabec in Prag ansprechen. Dort wird er auch ein offeneres Informationsangebot der beiden großen Unternehmen am Standort Litvinov anregen. Diese sollten die Bevölkerung beiderseits der Grenze schon vorab über geplante Betriebsvorgänge informieren, die möglicherweise zu Geruchsbelastungen führen. Auch über ihre Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltsituation sollten die Unternehmen verstärkt informieren.